Mobilität - Dr. Gottwald – Kanzlei für erneuerbare Energien

2)   Mobilität

Erneuerbare Energien haben im Verkehrssektor 2021 einen Anteil von 6,8 %. Dieser katastrophale Wert belegt das Versagen aller bisher politisch Verantwortlichen und erfordert drastische Maßnahmen.

a) Straßenverkehr

Der Straßenverkehr muss auf Strom und Flüssiggas (Wasserstoff und Methan) umgestellt werden.

Bei allen Fahrzeugen sind schnellstmöglich drastische Effizienzverbesserungen notwendig. Der Einsatz von überschweren und übermotorisierten Kraftfahrzeugen (KFZs) muss zurückgedrängt werden. Es gibt keinen Grund, warum ein KFZ zum Transport von bis zu fünf Menschen über 2 Tonnen schwer sein muss. Es gibt auch keinen Grund, warum dieses KFZ mit mehr als 120 PS angetrieben werden muss.

Folglich sind überschwere und übermotorisierte Personenkraftwagen – nach Ablauf einer Übergangsfrist – ordnungsrechtlich zu verbieten. Zum Transport von maximal fünf Personen sind Höchstgrenzen für Emissionen von CO2 und Luftschadstoffen festzulegen, die kontinuierlich und vorhersehbar gesenkt werden.

Ein Enddatum für die Verbrennung fossilen Treibstoffs in Personenkraftwagen (PKWs) ist gesetzlich festzulegen, um für Autofahrer und Industrie Planungssicherheit zu schaffen. Die Selbstverpflichtungen großer Hersteller (z.B. Daimler, Bosch, MAN) gehen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Dies beweist, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um für alle Hersteller gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen. Wichtige Länder haben bereits ein Enddatum gesetzlich normiert, z.B. Norwegen, Frankreich und Großbritannien.

Das individuelle Eigentum an einem Kraftfahrzeug, das zu über 90 % der Nutzungszeit stillsteht, ist volkswirtschaftlich eine krasse Fehlallokation. Dies gilt umso mehr, als sich bis zu 90 % aller Fahrten über maximal 5 km erstrecken. Ökologisch und ökonomisch sinnvoller ist die gemeinsame Nutzung von Kraftfahrzeugen (Car-Sharing) oder die Nutzung von Mobilitätsdienstleistern, welche für die jeweiligen Mobilitätsbedürfnisse die bestmögliche Kombination aus Schienen- oder Straßenfahrzeugen oder (Elektro)Fahrrädern oder Elektrorollern anbieten.

Zur Verlängerung der Reichweiten von Elektrofahrzeugen bieten sich Hybridlösungen mit Gas aus Biomasse oder Power to Gas und Pflanzenöl an. Allerdings haben Hybridfahrzeuge den Nachteil, dass immer zwei Motoren produziert und transportiert werden müssen.
Die Bundesregierung und der Bundestag versagen seit Jahrzehnten bei der Aufgabe, die Emissionen des Verkehrsbereichs zu verringern.

Dazu sind die derzeitigen gesetzgeberischen Maßnahmen völlig unzureichend. Solange Primärenergie verschwendet wird, können biogene Kraftstoffe und regenerativ erzeugter Strom die Versorgung nicht gewährleisten.

b) Luftverkehr

Beim Luftverkehr sind drastische Reduzierungen notwendig. Inlandsflüge müssen verboten und durch ein leistungsfähiges System von Hochgeschwindigkeitsstrecken für schnelle Züge ersetzt werden. Dies ist in Frankreich und mit den Hochgeschwindigkeitsstrecken Berlin – Hamburg, Berlin – Nürnberg und Frankfurt am Main – Köln bereits gelungen. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa AG, Carsten Spohr, erklärte öffentlich (SPIEGEL Nr. 27 vom 29.06.19):

„Viele Kurzstreckenflüge sind für uns selbst unprofitabel. Wir drängen daher schon seit Jahren darauf, diese Reisen auf die Bahn zu verlagern. Doch bislang gibt es viel zu wenige zuverlässige und wettbewerbsfähige Angebote der Bahn.“

Internationale Flüge sind mittels einer Kerosinsteuer mit den tatsächlichen Kosten von mindestens 200 Euro pro Tonne CO2 zu verteuern.

Dumping-Angebote müssen verboten werden. Niemals darf der Flug ins Ausland billiger sein als die Taxifahrt zum Flughafen.

Berufliche Flüge können durch Videokonferenzen ersetzt werden.

Der Frachtverkehr per Flugzeug muss so belastet werden, dass nur die unbedingt notwendigen Transporte stattfinden. Deren Energieverbrauch muss durch Ausschöpfung aller technischen Potenziale minimiert werden.

c) Schiffsverkehr

Gleiches gilt für den Schiffsverkehr:

Regionale Produktion mit kurzen Wegen und geschlossene Kreisläufe sind Transporten über weite Strecken vorzuziehen.

An einer drastischen Verringerung des Schiffsverkehrs führt kein Weg vorbei, wenn spätestens 2045 (u.E. wesentlich früher) der weltweite Verkehr treibhausgasneutral werden soll.

Selbst im Jahr 2045 wird es keine Batterie geben, die einem großen Container- oder Tankschiff ausreichende Reichweite verschafft. Der Erhöhung der Energiedichte von Batterien stehen physikalische Grenzen entgegen. Treibstoffe aus Biomasse reichen nicht aus. Theoretisch könnten Wind- oder Solarenergie solche Mengen an überschüssigem Strom produzieren, dass daraus Flüssiggas oder flüssige Kraftstoffe – trotz hoher Umwandlungsverluste – für den Schiffsverkehr produziert werden könnten. Die Kosten wären dann aber so hoch, dass es ökologisch und ökonomisch viel günstiger ist, Industrieprodukte vor Ort herzustellen.

Das gilt umso mehr aufgrund des zunehmenden – sinnvollerweise regionalen – Einsatzes von 3-D-Druckern.

Zudem sind fast alle neuen Fabriken vollständig automatisiert. Roboter übernehmen den Großteil des Produktionsprozesses. Deshalb gibt es keinen Grund, wegen unterschiedlicher Lohnkosten die Industrieproduktion in Billiglohnländer zu verlagern.

Im Übrigen sind Ungleichgewichte in den Handelsbilanzen, die dazu führen, dass z.B. viele Containerschiffe (und Züge) voll beladen von China nach Europa oder Amerika und leer zurück fahren, weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Leerfahrten sind eine Fehlallokation, die immer minimiert werden muss – unabhängig vom Verkehrsmittel.

Langfristig führen diese Ungleichgewichte dazu, dass die Länder mit einem Handelsbilanzdefizit ihre Schulden nicht zurückzahlen können. Das ist nicht im Interesse der Länder mit einem Handelsbilanzüberschuss.

Dies gilt erst Recht für die Abfallwirtschaft:

Jedes Land sollte sich völkerrechtlich verpflichten, die innerhalb seiner Grenzen entstehenden Abfälle auch inländisch zu entsorgen. Nur wenn das Land den Beweis führt, dass unter Berücksichtigung aller Effekte auf alle Umweltmedien eine Entsorgung in einem Nachbarland umweltfreundlicher ist, können unter strengen Voraussetzungen Abfallexporte zugelassen werden.

Unverzichtbar ist ein veröffentlichter Vertrag mit dem abfallimportierenden Land.

Eine Reduzierung und Besteuerung des Transports ist unter allen Gesichtspunkten vorteilhaft.

Zur Klarstellung sei angemerkt, dass die eigentliche Wertschöpfung, die in industriellem Know-How oder Dienstleistungen besteht, davon nicht berührt wird:

Hier wird am Ende letztlich nur eine Datei verschickt. Nichts spricht dagegen, über das Internet jedwede Dienstleistung oder Know-How zu transferieren und Aufträge weltweit zu vergeben. Der dafür erforderliche Stromverbrauch kann durch Erneuerbare Energien abgedeckt werden.

Es geht allein um die Minimierung des für Transporte erforderlichen Energie- und Ressourcenverbrauchs.

Der unbedingt notwendige Schiffsverkehr muss mittels einer Besteuerung des Treibstoffs mit den tatsächlichen Kosten von mindestens 200 Euro pro Tonne CO2 belastet werden.
Zur Emissionsreduzierung müssen alle technischen Potenziale ausgeschöpft werden, z.B. Treibstoffe aus Erneuerbaren Energien, Segel, Geschwindigkeits- und Gewichtsreduzierung oder eine Außenhaut, welche den Reibungswiderstand verringert.

d) Schienenverkehr

Die Schieneninfrastruktur in Deutschland muss schnell und nachhaltig ausgebaut werden. Ein System von leistungsfähigen Hochgeschwindigkeitsstrecken muss Inlandsflüge vollständig ersetzen. Auch sollten Nachtzüge wieder eingeführt werden, insbesondere für internationale Strecken.
Die Trassen sollten möglichst auch für den Güterverkehr genutzt werden.

Dafür und für das rollende Material sowie dessen Wartung sind gewaltige Investitionen notwendig.

Im Inland sind effiziente Güterterminals zu errichten, um den Gütertransport weitgehend von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Nur die letzten Kilometer zum Endkunden sollten per Lastkraftwagen zurückgelegt werden.